von Maria Blath geb. Lauber

Hallo liebe Tscheber, ich, Maria Blath, geb. Lauber (TscheberNachkomme), Tochter des Tscheber Kaufmanns Max Lauber, wurde erst in Deutschland (heute Sachsen – Anhalt) geboren und weiß nicht viel über die „alte Heimat“ und über donauschwäbisches Brauchtum. In der ehemaligen DDR wollte keiner etwas von Kriegsflüchtlingen und Vertreibung hören, deshalb sprachen unsere Eltern nicht über die alten Zeiten und wir Kinder fragten auch nicht nach. In der DDR zählten „andere Werte“.

Nun habe ich mit meinem Mann im Jubiläumsjahr 2012 (HOG Tscheb 1972-2012) am 26. Mai das zweite Mal am Tscheber Heimatortstreffen teilgenommen und habe es nun schon intensiver erlebt als beim ersten Mal 2011! Damals war alles aufregend, neu und unüberschaubar. Dieses Mal hatten wir uns besser vorbereitet, sind am Freitag, den 25.05.2012, ,schon früh losgefahren, weil wir das ‘shake of the hand‘ am Vorabend nicht, wie im letzten Jahr, verpassen wollten. Überpünktlich sind wir im Hotel Germania angereist und wollten abends die Begrüßung, das inoffizielle Händeschütteln, im Tanzclub ‚Schwarz-Weiß‘ von Anfang an miterleben. Bald kamen dann auch die ersten „alten Tscheber“ aus Reutlingen.


Tscheber Heimatortstreffen 2012

Da wir so neugierig schauten wurden sie gleich auf uns aufmerksam und begrüßten uns freundlich. Der neueste Tscheber Heimatbrief in meiner Hand verband uns gleich zum Gespräch. Es kamen von Stunde zu Stunde mehr Personen, am Ende saßen 15 Leute zusammen. Wir konnten darunter sogar uns schon bekannte Gesichter begrüßen. Die Unterhaltung war sehr interessant, unterhaltsam und lustig. Und wir durften dabei sogar schon donauschwäbischen Kuchen kosten. Der Tag des Heimattreffens begann traditionell um 10.00 Uhr mit dem Festgottesdienst in der St. Andreas Kirche in Reutlingen Orschelhagen. Die Messe hielt auch in diesem Jahr Pfarrer Kappler. Für einen festlichen Rahmen sorgte die Mezzo-Sopranistin Steffi Zillig mit ihrem wunderschönen Gesang. Sie ist die Tochter der Eheleute Brigitta (Kassier der HOG Tscheb) und Siegfried Zillig und Enkelin von Fahr Hans aus Tscheb. Die von ihr vorgetragenen Lieder „Ich bete an die Macht der Liebe“, „Ave verum corpus“(Mozart) und „Panis angelicus“ (C. Frank) gingen zu Herzen. Alle waren ergriffen und verzaubert von der herrlichen Stimme, die durch das Gotteshaus klang .

Herr Pfarrer Kappler begrüßte die Anwesenden mit folgenden Worten: Liebe Tscheber und Ihre Nachkommen, heute ist der Tag der Begegnung, solch ein Tag ist ein besonderer Höhepunkt für Sie aus Tscheb und für die unter Ihnen, deren Großeltern aus Tscheb stammen.

Sie freuen sich jedes Jahr am Samstag vorPfingsten darauf. So ein Ereignis bringt uns Menschen wieder neuen Mut und Lebensfreude. Schon viele Jahre beginnen Sie diesen Tag gemeinsam in dieser Kirche,gehen nach dem Gottesdienst zum Friedhof, um der Verstorbenen zu gedenken und kehren dann zum stärkenden Mahl ein. Ich grüße Sie herzlich. 

Und ein Auszug aus seiner Predigt: 
So feiern wir jetzt Gottesdienst, halten ein, halten Besinnung. Wir nehmen in diesen Gottesdienst all das hinein, was uns bewegt. Es ist das Neueste, was sich ereignet hat, es sind Dinge, die lange zurückliegen, einiges kommt uns spontan ins Bewusstsein: Dass vor deutlich über 200 Jahren Frauen und Männer mit ihren Kindern nach Südosteuropa zogen und neue Bereiche zu ihrer Heimat machten, war ein neuer Anfang, den längst Verstorbene setzten. Dass sie und ihre Nachkommen einen Bereich schufen, den sie Heimat nannten und der auch für viele Heimat ist. Sie gehörten und gehören zusammen auch über die Zeit hinaus, da Machthaber die Gegebenheit ändern wollten. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass neue Wirklichkeiten das Alte nicht verdecken dürfen und dies auch Zukunft haben wird. Wir leben nicht in der Vergangenheit, aber von dieser und für die Zukunft. Höhepunkte unseres Lebens und Alltäglichkeiten gehören zu uns. Wir wollen ihnen begegnen und uns von ihnen kennzeichnen lassen. Dies wird uns auch heute geschenkt und in Erinnerung bleiben.

Nach der Messe gingen wir zum Friedhof Römerschanze, wo zum Gedenken an die Toten, auf Feldern des Krieges, in KZ`s, in der Heimat und auf der Flucht, wie jedesJahr ein Kranz am Tscheber Gedenkstein niedergelegt wurde. Marianne Nachbar gedachte mit einem Gebet allen Verstorbenen und Pfarrer Burger sprach bewegt einige Worte zum Andenken an alle Tscheber Toten. Für die musikalische Umrahmung sorgte wieder der Trompeter Reinhold Lauer. Zuerst erklang das `Lied vom alten Kameraden`, zum Schluss stimmten alle Anwesenden bei dem Lied `Großer Gott wir loben dich` mit ein. Um 12 Uhr war im Restaurant Schwarz-Weiß die Eröffnung des Treffens durch den Vorsitzenden der HOG Tscheb. Er begrüßte die Landsleute, Ehrengäste und die von weither angereisten Gäste aus Kanada, Joe Groh und Frau Elisabeth, und aus Celarevo Dusko Golonja. Zur besonderen Freude konnte Franz Bahl mit seiner Lebensgefährtin begrüßt werden. Er hatte nach langen Jahren das Tscheber Heimatortstreffen wieder besuchen können. Franziska Richter, Studentin an der Universität Tübingen, die an der Ausstellung „Heimatsachen – Donauschwäbische Grüße zum 60sten baden-württembergischen Geburtstag“ im Donauschwäbischen Zentralmuseum Ulm „Die Seiler in Tscheb“ dokumentiert, wurde von Roland Groh, ebenso wie die Vorgenannten, mit Applaus vorgestellt.

Anschließend bat Roland Groh alle Anwesenden zu einem gemeinsamen Foto auf die Freitreppe des Restaurant Schwarz-Weiß. Beim Aufstellen zum Gruppenfoto sprach mich eine Frau an und sagte: „Bei Eurer Mutter war ich oft nach der Schul, ich hab gern den Kinderwagen ausgeführt, der war ja damals so schön modern.“

Zum Mittagessen wurde Gefüllter Paprika mit Brot gereicht. Während des Essens ertönte leise Tischmusik, gespielt von den Musikern Norbert Merkle (Keyboard)und Mathias Wanko (Akkordeon). Wie alljährlich gab es eine Ausstellung, auf der verschiedene donauschwäbische Haushalts-, Garten- und Gebrauchsgegenstände sowie Handarbeiten zu sehen waren. Elfriede und Konrad Korol hatten eine sehr imposante Schautafel mit Fotos und Texten zum Thema „Die Seiler in Tscheb“ angefertigt. Ebenso eine weitere große Schautafel mit Fotos vom Heimattreffen 2011, auf denen sich so mancher Besucher wiedererkannt hat.

Roland Groh erinnerte an das 1. Tscheber Heimatreffen vor 40 Jahren, zu dem damals etwa 750 Tscheber und Gäste angereist waren. Dieses Jahr waren es noch nahezu 70 Personen, die das Heimatortstreffen besuchten. Darunter auch wieder „Nachwuchs-Tscheber“, die nach ihren Wurzeln suchen.

Der Vorsitzende verlas Grußworte aus Celarevo, aus Zagreb und den USA. Alle wünschten uns ein fröhliches Beisammensein und schöne Stunden beim Treffen. Leider musste der im Heimatbrief angekündigte Vortrag in „ donauschwäbischer Mundart“ von den Siwatzer Frauen wegen Krankheit ausfallen. Darauf hatte ich mich sehr gefreut. Die Reutlinger Kindertanzgruppe, die donauschwäbische Tänze vorführen wollte, hatte bedauerlicherweise ebenso abgesagt. 

Gegen 14 Uhr wurden die Altersjubilare geehrt. Es warendies namentlich: Bahl Franz, Freiburg, Bittermann Katharina (Mausner), Bad Buchau, Pfr. Burger Nikolaus, Villingendorf, Groh Elisabeth aus Kitchener/Kanada, Haditsch Anna (Puss) und Franz, Reutlingen, Heilig Katharina (Meixner), Rangendingen, Klein Adam, Augsburg,Mayer Elisabeth (Schwindl), Reutlingen, Pfefferle Anna (Stefan), Eppingen , Reiser Theresia (Zeiner), Mutterstadt, Rogitsch Georg, Reutlingen, Schwindl, Elisabeth (Mayer), Lochbrück-Meckenbeuren, Seider Michael, Illerkirchberg, Tiefenbach Rosalia (Lunova), Reutlingen. Alexsandra Groh, in einer tscheberischen Tracht gekleidet, überreichte jeweils ein kleines Präsent. Als zum Tanz aufgespielt wurde füllte sich die Tanzfläche. Die „alten Tscheber“ wurden wieder jung und bewegten sich schwungvoll zu fröhlichen Melodien. 

Anlässlich der Feierlichkeiten „300 Jahre Ulmer Schachtel“ weilte Joe Groh aus Kitchener/Kanada, Vizepräsident des Dachverbandes der Donauschwaben in Kanada, im Mai 2012 in Deutschland. Er hatte für einen Tag die Präsidiumssitzung des Weltdachverbandes der Donauschwaben in Ulm unterbrochen und kam eigens für das Tscheber Heimatortstreffen mit seiner Frau Elisabeth nach Reutlingen.  Welch eine Überraschung für den 1. Vorsitzenden Roland Groh, seine kanadische Verwandtschaft am Vormittag vor der Kirche in Orschelhagen anzutreffen. Die beiden kanadischen Gäste waren hocherfreut, mit den Tschebern den Tag zusammen verbringen zu dürfen. Joe ergriff nach dem Mittagessen das Mikrofon und stellte sich vor. Er lud alle Anwesenden zu der großen Veranstaltung zum Landestreffen der Donauschwaben von USA und Kanada Ende August 2012 in Kitchener ein.Schon traditionell gab es zum Kaffee auf einer langen Tafel das Tscheber Kuchenbuffet mit vielen leckeren donauschwäbischen Kuchen, für jeden Geschmack war etwas dabei. 

Zwischendurch gab es viel Zeit für persönliche Gespräche.Kassenwartin Brigitta Zillig, konnte schon mit dem neuen, von ihr wieder kreierten und sehr schön gelungenen Tscheber Jahreskalender 2013 „Familiäres Tscheb“ aufwarten und ihn zum Kauf anbieten. Er kann natürlich auch – wie im letzten Jahr – telefonisch bei ihr bestellt werden. Sie hatte auch für die
sehr schöne, geschmackvolle Tischdeko gesorgt. Jeden Tisch zierte in diesem Jahr ein „Rosmarin Sträußchen“. Der Überlieferung nach sollen unsere Ahnen einst ein „Sträußchen vom Rosmarin“ aus der Heimat mitgenommen haben, um es bei der Ankunft in Südosteuropa in die Erde zu pflanzen. Man sagte: „Wenn es blüht und gedeiht ist die Erde gut und man kann sich da niederlassen und bleiben, wenn nicht, dann sollte man weiterziehen“.

Zur Überraschung der Teilnehmer hatte Dusko Galonja „Orginal Tscheberisches Bier“ mitgebracht und an die erfreuten Besucher verteilt. Vom 1. Vorsitzenden wurden herzliche Dankesworte an alle die mithalfen, das Treffen wieder so schön zu gestalten, ausgesprochen. Viele Grüße und gute Besserung gingen an die Daheimgebliebenen. 

Zum Abschluss – gegen 17 Uhr – fiel uns der Abschied schwer. Die Verabschiedungsrunde nahm kein Ende. Der Gedanke und Wunsch im nächsten Jahr wieder eine Reise nach Celarevo zu unternehmen, wurde immer mehr verstärkt und fand auch von verschiedenen Seiten Gehör. Wir, die von fern Angereisten, die schon am Begrüßungsabend dabei waren und im Hotel Germania Unterkunft hatten, hatten noch einen Abend vor uns. Schön war, dass wir uns abends noch zusammensetzen konnten. Bei dem milden Wetter im Straßenlokal (Nähe Hauptbahnhof) konnten wir in kleiner Runde das Erlebte noch einmal bereden. So bin  ich doch noch ein klein wenig in den Genuss gekommen ein paar Sätze im donauschwäbischen Dialekt zu hören, was mich an meine Kinderzeit an Gespräche zwischen den Eltern bzw. Großeltern erinnert.

Am nächsten Tag nach dem Abschiedsfoto vor dem Hotel Germania, versprachen wir uns, im nächsten Jahr wieder zu sehen – hoffentlich bei guter Gesundheit. Abschließend kann ich sagen: „Das diesjährige Heimattreffen im Jubiläumsjahr, bei bestem Pfingstwetter, stand unter einem guten Stern.“

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.