von Andreas Tiefenbach, geboren 1892 in Tscheb
Bevor die Russen in unseren Heimatort Tscheb kamen, hatten sich schon die Partisanen eingefunden. Dies war ungefähr Mitte Oktober 1944. Ein Teil der Partisanen bestand auch aus einheimischen Serben. Zunächst geschah der Bevölkerung nichts. Am 7. November wurden in unserer Gemeinde zwanzig Männer, darunter auch ich, von den Partisanen abgeholt und im Gemeindeamt ins Gefängnis gesperrt. Am nächsten Morgen um sieben Uhr wurden wir nach dem sechs Kilometer entfernten Palanka gebracht. Anschließend wurden wir mit der Fähre über die Donau nach Syrmien übergesetzt. Von dort ging es weiter über Banostor in Richtung Vrdnik. Von zu Haus bis nach Vrdnik bekamen wir weder zu essen noch zu trinken. Am Weg fanden wir bereits Tote im Straßengraben, die vor uns diese Strecke gegangen waren. Es waren Leute, die nicht schnell genug mit der Kolonne mitgekommen waren. Von unserem Transport wurde ein Mann, der Gastwirt Georg Karcher, so geschlagen, dass er danach in Vrdnik starb. In Vrdnik wurden wir in einem Raum des Franziskanerklosters mit noch einhundertachtzig Mann untergebracht. Arbeiten mussten wir in der Kohlengrube, teils auch in einem Sägewerk.
Die Zustände im Lager waren entsetzlich. Die Leute aus Palanka waren furchtbar zugerichtet.
Erst am zweiten Tag bekamen wir zu essen. Nach einigen Tagen kam ein Partisanenoffizier aus Palanka namens Bodjan. Dieser entsetzte sich über die Zustände im Lager und die Misshandlungen der Menschen. Er brachte eine Krankenschwester, die die Leute verbinden musste. Er versprach, auch sonst für Ordnung zu sorgen. Tatsächlich wurde es daraufhin etwas besser. Allerdings bald darauf, als einheimische Serben erfuhren, dass Deutsche im Lager wären, kamen sie ständig hinein und schlugen alle im Lager befindlichen Kranken und Arbeitsunfähigen. Hundert Mann von uns, darunter auch ich, wurden Ende Dezember 1944 in das Lager Neusatz gebracht.
Bei unserem Weggang kamen einhundertfünfzig junge deutsche Burschen, die eingezogen waren, um uns abzulösen. Über das Schicksal dieser jungen Leute, die aus der näheren Umgebung meines Heimatortes (z.B. Bulkes, Gajdobra usw.) stammten, ist nie etwas bekannt geworden. Ich kannte einige unter ihnen persönlich, konnte aber über ihr Verbleiben niemals etwas erfahren. Von Neusatz aus kam ich krankheitshalber in das Lager Jarek. Das Essen im Lager Jarek war schlecht und wenig, außerdem salzlos. Anfang September 1945 kam ich mit mehreren Männern zu einer Arbeitsgruppe, die die Telefonleitungen von Neusatz nach Werbaß baute.
Diese Arbeit dauerte etwa zwei Monate, dann wurden wir in die elektrische Zentrale nach Neusatz gebracht. Nach einigen Tagen kamen wir wieder in das Lager Jarek. Dort musste ich bis 1946 bleiben. Im Mai kam ich mit einer größeren Gruppe auf ein landwirtschaftliches Anwesen bei Kulpin. Danach ins Lager Altker, wohin auch meine Frau kam, die vorher zur Zwangsarbeit nach Syrmien verschleppt worden war, und von der ich seit der Austreibung kein Lebenszeichen mehr vernommen hatte.
Von Altker aus wurden wir nach Gakowa gebracht, und von dort flüchteten wir im Mai 1947 über die Grenze nach Ungarn.
Unsere zwei Töchter wurden Ende Dezember 1944 nach Russland verschleppt, wo die ältere im Januar 1947 verstarb. Die jüngere kam 1949 aus Russland zurück.
Quelle: LEIDENSWEG DER DEUTSCHEN IM KOMMUNISTISCHEN JUGOSLAWIEN BAND II, Seiten 538-539 – Arbeitskreis Dokumentation (Bericht Andreas Tiefenbach – Das Kohlenbergwerk Vrdnik und sieben Lager – Ein Zwangsarbeiter zwischen 1945 und 1947)