Andenken bewahren – Kulturgut pflegen!


Am 26. Mai 2006 war es endlich soweit. Ich konnte die Fahrt nach Tscheb beginnen mit dem Ziel, die Kirchenfahnen abzuholen. Mit Franz Nachbar und Adam Ernst, beide ebenfalls in Tscheb geboren, machte ich mich auf die Reise nach Tscheb.

Ein lang gehegter Wunsch, ein nicht aus dem Kopf gehender Gedanke, die Kirchenfahnen aus der Kirche wo ich getauft wurde, wo so viel aus dem Leben meiner Eltern, Großeltern und Angehörigen stattgefunden hat, demnächst ganz in unserer Nähe zu haben, ließ mich nicht mehr los.

Dies, seit Franz Mayer, der leider zu früh verstorben ist, es bereits zu einem früheren Zeitpunkt ins Auge gefasst hatte. Die Vorbereitungen hierfür in Tscheb, wie Gespräche mit der Kirche, dem Pfarrer und den offiziellen Stellen hatte in mühevoller Kleinarbeit Annusch Mayer, in der bekannt zuverlässigen Art bereits getroffen.


ÜBERGABE DER TSCHEBER KIRCHENFAHNEN in der Maria-Himmelfahrt-Kirche in Celarevo am 27. Mai 2006 – v.l.n.re.: Pfr. Frantischek Gasparovski und Adam Ernst (händereichend), Annusch Mayer, geb. Liko (Celarevo), Franz Nachbar und HOG Vors. Roland Groh


Die Sorge, dass ich mit der Abholung den Gläubigen in Tscheb etwas „Vertrautes“ wegnehme, hat mich im Vorfeld der Reise veranlasst, Telefonate zu führen mit Tschebern vor Ort. Dabei wurde mir versichert, dass die Kirchenfahnen nicht mehr benutzt werden und Freude darüber bestehen würde, wenn wir diese abholen und damit einem Zerfall der Fahnen zuvorkommen.

Bei unserer Ankunft spätabends wurden wir herzlich und liebevoll begrüßt von Mayer Gregor und seiner Frau Annusch, Dusko Galonja und seiner Frau Helen geb. Karcher, und Hamann Marisch (Maria Kiss) und ihrem Mann, bei denen wir übernachten durften. Die Vorbereitungen und der Empfang ließen keine Wünsche offen. Wir wurden verwöhnt in der bereits bekannt, donauschwäbischen Art. Für den nächsten Tag hatte Annusch Mayer vormittags einen Gesprächstermin mit dem zuständigen kath. Pfarrer (Administrator der Pfarrei in Tscheb) und uns in ihrem Hause vereinbart. Das Gespräch fand in einer äußerst entspannten, sehr freundlichen Atmosphäre statt. Dabei übergab mir Herr Pfarrer František Gasparovsky das offizielle Schreiben des Bischofs von Subotica, Msgr. Penzés János, über die Schenkung der Kirchenfahnen an die Tscheber.

Unmittelbar danach begaben wir uns gemeinsam mit dem Pfarrer in die Kirche. In der Sakristei haben wir dann – am 27.Mai 2006 – folgende vier Fahnen übernommen:

  • Herz-Jesu-Fahne
  • Marien-Fahne
  • Christus-Jugend-Fahne
  • Handwerker-Fahne

Eine weitere Fahne, die noch anlässlich der Beerdigungen genutzt wird, verblieb in der Kirche. In der Sakristei wurden die Fahnen von den Fahnenhaltern gelöst. Hierbei hat uns Herr Pfarrer Gasparovsky in einer handwerklich geschickten Form tatkräftig geholfen.

Die Fahnen selbst sind in keinem schlechten Zustand. Ich gehe davon aus, dass die teilweisen Verfärbungen auf der Handwerker-Fahne und der Marien-Fahne sowie kleine Risse in der Herz-Jesu-Fahne fachgerecht restauriert werden können.

Nach diesem Ereignis waren wir alle zum Mittagessen bei Annusch Mayer eingeladen. Angekündigt war Fischpaprikasch. Nun hatte ich schon im Vorfeld vereinzelt Stimmen gehört, dass dieses Fischpaprikasch von Mayer Gregor, zubereitet draußen im Hof unter einer offenen Feuerflamme, eine besondere Köstlichkeit sei. Selbst bin ich nun kein begeisterter Fischpaprikasch-Esser, daher war ich zurückhaltend bei der ersten Essens-Ausgabe. Heute muss ich sagen, dass ich ein solch gutes Fischpaprikasch zuvor noch nicht gegessen hatte. Für mich ist daher Mayer Gregor solange der beste Tscheber Fischpaprikaschkocher, bis ich ein besseres gekostet habe! Es versteht sich, dass hierzu die guten Nudeln – und wie bei Mayer Gregor üblich – der köstliche Schnaps vorher (und nicht nach dem Essen, wie ich es kannte) serviert wurde. Es war ein Festessen.



Anderntags waren wir bei Dusko und Helen Galonja ebenfalls zum Mittagessen eingeladen. Auch hier wurde wieder ein köstliches, üppiges Mahl, was nicht zu Ende gehen wollte, serviert und dies den Wunsch einmal mehr in mir weckte, doch zwei Mägen zu haben, um all diese aufgetischten Genüsslichkeiten aufzunehmen.

Bald schon war es Zeit, dass wir uns auf die Rückreise begaben. Einzige Bedenken die wir jetzt noch hatten: Wie werden die zuständigen Beamten an der Grenze auf die Mitnahme der Fahnen reagieren? Zu unserer Überraschung konnten wir nach einem freundlichen Wortwechsel gleich weiter fahren. Nachdem ich die Frage des Beamten: „Was ist das? und „Für was benötigen Sie das?“ vermutlich nur unverständlich beantworten konnte, winkte er uns freundlich weiter. Das war also – Gott sei Dank – geschafft!

Zu den Fahnen im Einzelnen hoffe ich, dass unser Herr Pfarrer Burger noch kompetent Geschichtliches darüber berichten kann. Nach bisherigen Gesprächen mit ihm über die Historie der Fahnen dürfte hierüber noch viel Interessantes zu erfahren sein. Ich hoffe, dass wir in der nächsten Ausgabe des Heimatbriefes Ihnen einen Bericht von Herrn Pfarrer Burger vorstellen können. Vorab nur so viel, was ich bisher erfahren konnte: Hamann Marisch (Maria Kiss) schrieb, dass sie zufällig in der „Geschichte“ gelesen habe, dass 1908 die wertvolle Herz-Jesu-Fahne aus weißer Seide auf Kosten des Johann Grieshaber und seiner Gemahlin, Frau Marianne (geb. Pfaff), angeschafft und 1909 aus milden Spenden der Gläubigen die schöne Marienfahne aus weißer Seide bestellt wurde. Fahnenmutter war Eva Stamm geb. Ernst.

Ich denke, dass wir mit den Fahnen, die heute in der Reutlinger katholischen Kirche untergebracht und jeweils an unserem traditionellen Pfingsttreffen zu sehen sind, den Tschebern die alte Heimat ein Stück näher gebracht haben. Danke noch mal an alle, die mit dazu beigetragen haben, dass dies möglich war.

Ich möchte schließen mit einem schönen Satz, den Hamann Marisch im Juni 2006 an Elfriede Korol schrieb:

„Die Fahnen, die sie mitgenommen haben, sind jetzt ihren Gläubigen nachgereist und mit Liebe und Freude aufgenommen worden. Mögen sie oft schöne Gedanken in Euch allen wachrufen!“


Roland Groh


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